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Der Energieausweis: Ein umfassender Leitfaden für Immobilienbesitzer und Käufer

Der Energieausweis hat sich seit seiner Einführung im Jahr 2007 zu einem unverzichtbaren Dokument im Immobilienmarkt entwickelt. Er dient als energetischer Steckbrief für Wohngebäude und liefert wichtige Informationen über den Energieverbrauch und die Energieeffizienz einer Immobilie. In diesem Artikel werden wir alle wichtigen Aspekte des Energieausweises beleuchten, von seiner Bedeutung über die verschiedenen Arten bis hin zu aktuellen Änderungen und Handlungsempfehlungen.

 

Was ist der Energieausweis?

Der Energieausweis ist ein offizielles Dokument, das den energetischen Zustand eines Gebäudes bewertet. Er gibt Auskunft über den zu erwartenden Energieverbrauch, die Betriebskosten und andere energetische Kennwerte. Seit seiner Einführung ist der Energieausweis bei Hausverkauf, -vermietung oder -verpachtung in den meisten Fällen verpflichtend.

 

Arten von Energieausweisen

Es gibt zwei Haupttypen von Energieausweisen: den verbrauchsorientierten und den bedarfsorientierten Ausweis. Der verbrauchsorientierte Energieausweis basiert auf den tatsächlichen Heizkostenabrechnungen der letzten drei Jahre. Er ist in der Regel günstiger zu erstellen, mit Preisen zwischen 50 und 100 Euro. Allerdings spiegelt er auch die individuellen Heizgewohnheiten der Vorbesitzer wider und ist daher weniger genau, da er stark vom Nutzerverhalten abhängt.

Der bedarfsorientierte Energieausweis hingegen beruht auf einer umfassenden Untersuchung der Immobilie, einschließlich Baujahr, Gebäudetyp und Heizungssystem. Er ist teurer in der Erstellung, mit Preisen zwischen 300 und 500 Euro, liefert aber eine genauere Einschätzung des tatsächlichen Energiebedarfs des Gebäudes. Der bedarfsorientierte Ausweis ist präziser, da er unabhängig vom Nutzerverhalten ist.

 

Wichtige Informationen im Energieausweis

Der Energieausweis enthält mehrere Kernelemente. Ein Ampelsystem von A+ (sehr effizient) bis H (ineffizient) zeigt auf einen Blick die Energieeffizienz des Gebäudes. Der Primärenergiekennwert gibt Auskunft über die Umweltfreundlichkeit der Energieversorgung. Zudem enthält der Ausweis Informationen darüber, ob und in welchem Umfang erneuerbare Energien genutzt werden, sowie Angaben zum vorhandenen Lüftungssystem.

 

Aktuelle Änderungen und Handlungsbedarf

Am 1. Januar 2024 traten wichtige Änderungen in Kraft. Energie-Bedarfsausweise dürfen dann nur noch nach der DIN 18599 erstellt werden, nicht mehr nach der milderen DIN V 4108-6. Diese neue Berechnungsmethode kann zu ungünstigeren Einstufungen führen, was Auswirkungen auf den Immobilienwert haben kann.

Für Besitzer von Immobilien mit weniger als 5 Wohnungen, deren Bauantrag vor dem 1. November 1977 gestellt wurde und die keine späteren energetischen Sanierungen erfahren haben, wird empfohlen, noch in diesem Jahr einen bedarfsorientierten Energieausweis nach DIN V 4108-6 erstellen zu lassen. Dies kann aus mehreren Gründen vorteilhaft sein:

Erstens wird die Erstellung eines Bedarfsausweises ab 2024 aufgrund der komplexeren Norm teurer. Zweitens führt die aktuelle Berechnungsmethode oft zu günstigeren Einstufungen. Und drittens finanzieren einige Banken Gebäude mit schlechter Energieeffizienzklasse nicht mehr.

 

Ausnahmen von der Energieausweispflicht

Es gibt einige Ausnahmen von der Pflicht zur Erstellung eines Energieausweises. Dazu gehören Gebäude zur Tierhaltung, unterirdische Bauten, Gewächshäuser und Traglufthallen, temporäre Gebäude mit einer Nutzungsdauer von bis zu zwei Jahren, Gebäude für religiöse Zwecke, Wohngebäude mit begrenzter jährlicher Nutzungsdauer, kleine Gebäude unter 50 Quadratmetern Nutzfläche und denkmalgeschützte Immobilien.

 

Besonderheiten bei historischen Gebäuden

Für historische Gebäude, insbesondere denkmalgeschützte Immobilien, gelten besondere Regelungen. Sie sind grundsätzlich von der Pflicht zur Erstellung eines Energieausweises ausgenommen. Dies hat mehrere Gründe: Energetische Sanierungsmaßnahmen könnten die historische Bausubstanz und das Erscheinungsbild beeinträchtigen, viele moderne Energiesparmaßnahmen lassen sich nur schwer mit historischen Bauweisen vereinbaren, und der kulturelle und historische Wert des Gebäudes wird höher eingestuft als die energetische Effizienz.

Obwohl keine Pflicht besteht, können Eigentümer historischer Gebäude freiwillig einen Energieausweis erstellen lassen. Dies kann sinnvoll sein, um den energetischen Zustand des Gebäudes zu dokumentieren, mögliche Energieeinsparpotenziale zu identifizieren und die Attraktivität für potenzielle Käufer oder Mieter zu erhöhen.

Wenn für ein historisches Gebäude ein Energieausweis erstellt wird, sollten einige besondere Aspekte berücksichtigt werden. Jedes historische Gebäude ist einzigartig und erfordert eine individuelle Betrachtung. Mögliche energetische Verbesserungsmaßnahmen müssen mit den Anforderungen des Denkmalschutzes in Einklang gebracht werden. Zudem können die üblichen Effizienzstandards moderner Gebäude nicht direkt auf historische Bauten übertragen werden.

 

Spezielle Maßnahmen für historische Gebäude

Um den Energieausweis historischer Gebäude zu verbessern, sind spezielle Maßnahmen erforderlich, die den Denkmalschutz und die Erhaltung der historischen Substanz berücksichtigen. Bei der Wärmedämmung kann eine Innendämmung mit diffusionsoffenen Materialien wie Calciumsilikatplatten oder Holzfaserplatten in Betracht gezogen werden, da eine Außendämmung oft nicht möglich ist. Die Dämmung des obersten Geschossbodens ist oft eine effektive und denkmalschutzverträgliche Maßnahme.

Bei den Fenstern können anstelle eines kompletten Austauschs historischer Fenster Kastenfenster mit einer zusätzlichen Isolierverglasung nachgerüstet oder Innenfenster installiert werden, die die originalen Fenster ergänzen. Das Heizungssystem kann durch den Austausch alter Heizkessel gegen effizientere Systeme wie Brennwertkessel oder, wo möglich, Wärmepumpen modernisiert werden. Ein hydraulischer Abgleich optimiert die Wärmeverteilung im Gebäude.

Wo optisch verträglich, können Solarkollektoren zur Warmwasserbereitung oder denkmalgerecht integrierte Photovoltaikanlagen installiert werden. Ein angepasstes Lüftungssystem kann die Energieeffizienz verbessern, ohne die historische Substanz zu beeinträchtigen. Auch der Einsatz energieeffizienter LED-Beleuchtung kann den Stromverbrauch reduzieren.

Es ist wichtig zu beachten, dass bei allen Maßnahmen die Genehmigung der Denkmalschutzbehörde eingeholt werden muss. Zudem sollte stets ein Gleichgewicht zwischen Energieeffizienz und Erhaltung des historischen Charakters angestrebt werden.

 

Fazit

Der Energieausweis ist ein wichtiges Instrument zur Bewertung der Energieeffizienz von Immobilien. Er bietet Käufern und Mietern wertvolle Informationen und kann den Wert einer Immobilie beeinflussen. Angesichts der bevorstehenden Änderungen ist es ratsam, noch in diesem Jahr zu handeln, um von den aktuellen, möglicherweise günstigeren Berechnungsmethoden zu profitieren.

Für historische Gebäude gelten besondere Regelungen und Herausforderungen. Hier ist eine sorgfältige Abwägung zwischen Energieeffizienz und Denkmalschutz erforderlich. Spezielle Maßnahmen können helfen, die Energieeffizienz zu verbessern, ohne den historischen Charakter zu beeinträchtigen.

Unabhängig davon, ob es sich um ein modernes oder historisches Gebäude handelt, ist der Energieausweis ein wichtiges Instrument für Immobilienbesitzer und potenzielle Käufer. Er hilft dabei, fundierte Entscheidungen zu treffen und langfristig Energie und Kosten zu sparen. Denken Sie langfristig und treffen Sie jetzt die richtigen Entscheidungen für eine energieeffiziente Zukunft Ihrer Immobilie.