Drohnenaufnahmen in der Immobilienbranche: Rechtliche Herausforderungen und Lösungsansätze
In der modernen Immobilienvermarktung haben sich Drohnenaufnahmen als effektives Mittel etabliert, um Objekte aus attraktiven Perspektiven zu präsentieren. Doch das jüngste Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 23. Oktober 2024 (Az. I ZR 67/23) stellt Immobilienmakler und -verkäufer vor neue Herausforderungen. Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Implikationen des Urteils und bietet praktische Lösungsansätze für die Branche.
Das BGH-Urteil und seine Auswirkungen
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Luftbildaufnahmen von urheberrechtlich geschützten Werken, die mithilfe einer Drohne angefertigt wurden, nicht unter die sogenannte Panoramafreiheit fallen. Dies bedeutet, dass die Vervielfältigung und Verbreitung solcher Aufnahmen ohne Erlaubnis der Urheber nicht zulässig sind. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Panoramafreiheit nur für Werke gilt, die von allgemein zugänglichen Orten aus wahrnehmbar sind. Drohnenaufnahmen überschreiten diese Grenze, da sie Perspektiven ermöglichen, die für die Allgemeinheit nicht ohne Weiteres zugänglich sind.
Für Immobilienmakler und -verkäufer bedeutet dies eine erhöhte Sorgfaltspflicht bei der Erstellung und Verwendung von Drohnenaufnahmen. Es muss nun genau geprüft werden, ob auf den Aufnahmen urheberrechtlich geschützte Werke zu sehen sind. Dies können beispielsweise Skulpturen, besondere Fassadengestaltungen oder Kunstinstallationen in der Umgebung der Immobilie sein. In solchen Fällen ist es notwendig, die Erlaubnis der Rechteinhaber einzuholen, bevor die Aufnahmen veröffentlicht werden.
Rechtliche Risiken und Konsequenzen
Neben den urheberrechtlichen Aspekten müssen Immobilienprofis auch datenschutzrechtliche und persönlichkeitsrechtliche Belange berücksichtigen. Die Anfertigung von Luftaufnahmen von Nachbargrundstücken ohne Einwilligung der Eigentümer ist datenschutzrechtlich unzulässig. Zudem können Aufnahmen von privaten Bereichen wie Gärten oder Terrassen Persönlichkeitsrechte verletzen.
Rechtsanwalt Dr. Thomas Schwenke weist darauf hin: "Bei der Verwendung von Drohnenaufnahmen für Immobilienpräsentationen müssen Makler und Verkäufer besonders vorsichtig sein. Neben dem Urheberrecht spielen auch Datenschutz und Persönlichkeitsrechte eine wichtige Rolle. Eine sorgfältige rechtliche Prüfung vor der Veröffentlichung ist unerlässlich."
Die Konsequenzen bei Verstößen können erheblich sein. Es drohen Abmahnungen, Unterlassungsklagen und Schadensersatzforderungen. In schweren Fällen können sogar strafrechtliche Konsequenzen folgen, etwa bei der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen.
Neben den bereits erwähnten rechtlichen Risiken ist es wichtig zu beachten, dass das Urheberrechtsgesetz eine Ausnahme für unwesentliche Beiwerke vorsieht. Diese Regelung in § 57 UrhG erlaubt unter bestimmten Umständen die Abbildung urheberrechtlich geschützter Werke, wenn diese nur nebensächlich in einer Aufnahme erscheinen. Für Drohnenaufnahmen bedeutet dies konkret, dass Werke der Baukunst, Skulpturen und ähnliche Objekte nur dann ohne Zustimmung des Urhebers abgebildet werden dürfen, wenn sie nicht im Fokus der Aufnahme stehen.
Praktisch gesehen dürfen solche Werke also nur im Vorbeiflug oder als Teil einer Übersichtsaufnahme erfasst werden, ohne dass sie für das Bild prägend sind. Diese Einschränkung stellt Immobilienmakler und -verkäufer vor die Herausforderung, ihre Drohnenaufnahmen so zu gestalten, dass sie einerseits die Immobilie attraktiv präsentieren, andererseits aber keine urheberrechtlich geschützten Werke in den Mittelpunkt rücken.
Zusätzlich zu den urheberrechtlichen Aspekten müssen bei Drohnenaufnahmen auch Privatsphäre und Eigentumsrechte berücksichtigt werden. Das Überfliegen und Filmen von Grundstücken, sei es in Wohn- oder Gewerbegebieten, ist ohne Genehmigung der Eigentümer nicht gestattet. Besonders problematisch sind Aufnahmen, die Einblicke in Bereiche gewähren, die von öffentlichen Straßen aus nicht einsehbar wären. Solche Aufnahmen können das Recht auf Privatsphäre verletzen und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Diese Einschränkungen verdeutlichen, dass Immobilienprofis bei der Nutzung von Drohnen für Aufnahmen besondere Sorgfalt walten lassen müssen. Es empfiehlt sich, im Zweifelsfall rechtliche Beratung einzuholen und gegebenenfalls Genehmigungen einzuholen, um rechtliche Risiken zu minimieren.
Lösungsansätze und Best Practices
Um rechtliche Risiken zu minimieren und dennoch die Vorteile von Drohnenaufnahmen zu nutzen, empfehlen sich folgende Vorgehensweisen:
Einholung von Einwilligungen: Vor der Durchführung von Drohnenaufnahmen sollten Immobilienmakler und -verkäufer die Einwilligung der betroffenen Nachbarn einholen. Dies sollte idealerweise schriftlich erfolgen, um Rechtssicherheit zu gewährleisten. Rechtsanwalt Tim Hoesmann empfiehlt: "Zur Sicherheit sollten Immobilienprofis die Willenserklärung des Hausrechtsinhabers schriftlich einholen."
Transparente Kommunikation: Informieren Sie die Nachbarn detailliert über den geplanten Einsatz der Drohne, einschließlich Zeitpunkt, Dauer und Zweck der Aufnahmen. Bieten Sie an, die Aufnahmen vor der Veröffentlichung zu zeigen und gehen Sie auf Bedenken und Wünsche der Nachbarn ein.
Datenschutzrechtliche Aufklärung: Stellen Sie sicher, dass alle Betroffenen über die Verarbeitung personenbezogener Daten aufgeklärt werden. Nennen Sie den Verantwortlichen für die Datenverarbeitung und erläutern Sie den Zweck.
Alternative Darstellungsmethoden: Erwägen Sie den Einsatz alternativer Techniken zur Immobilienpräsentation. Hochstative, 360-Grad-Kameras oder virtuelle 3D-Rundgänge können in vielen Fällen ähnlich effektive Ergebnisse liefern, ohne die rechtlichen Risiken von Drohnenaufnahmen.
Professionelle Unterstützung: Bei komplexen Fällen oder Unsicherheiten sollten Sie einen Rechtsanwalt hinzuziehen, um alle rechtlichen Aspekte abzudecken.
Versicherungsschutz: Der Abschluss einer speziellen Drohnenversicherung ist nicht nur gesetzlich vorgeschrieben, sondern auch ratsam, um mögliche Haftungsrisiken abzudecken.
Fazit und Ausblick
Das BGH-Urteil stellt die Immobilienbranche vor neue Herausforderungen bei der Nutzung von Drohnenaufnahmen. Es erfordert ein Umdenken und eine sorgfältigere Planung bei der Erstellung von Immobilienpräsentationen. Dennoch bieten Drohnenaufnahmen weiterhin ein großes Potenzial für die ansprechende Darstellung von Immobilien.
Dr. Johanna Neuner, Expertin für Immobilienrecht, fasst zusammen: "Drohnenaufnahmen bleiben ein wertvolles Instrument in der Immobilienvermarktung. Mit der richtigen Vorbereitung und Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen können Makler und Verkäufer diese Technologie weiterhin erfolgreich einsetzen."
Die Zukunft der Immobilienpräsentation wird wahrscheinlich eine Kombination aus verschiedenen Technologien sein. Neben Drohnenaufnahmen werden virtuelle Rundgänge, 3D-Modelle und interaktive Präsentationen eine immer größere Rolle spielen. Immobilienprofis, die sich frühzeitig mit diesen Entwicklungen auseinandersetzen und dabei die rechtlichen Aspekte im Blick behalten, werden auch in Zukunft erfolgreich am Markt agieren können.
Letztendlich geht es darum, eine Balance zwischen innovativer Präsentation und rechtlicher Compliance zu finden. Mit der richtigen Herangehensweise und professioneller Unterstützung können Immobilienmakler und -verkäufer die Vorteile von Drohnenaufnahmen nutzen, ohne sich unnötigen rechtlichen Risiken auszusetzen.