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In eigener Sache: Glyphosat - eine kritische Betrachtung

Entdeckt wurde das Mittel 1950 von dem Schweizer Chemiker Henri Martin, damals wurde der Entdeckung noch keine größere Aufmerksamkeit gegeben. Das änderte sich 1971, da begann die Forschung an dieser Substanz. Die Ergebnisse wurden 1974 von Monsanto patentiert und mit Round up, auf den Markt gebracht. Einen richtigen Aufschwung bekam das Unkrautvernichtungsmittel ab 1990 als die ersten genveränderten Pflanzen von Monsanto, dem Hersteller von Glyphosat, angebaut wurden. Die Nutzpflanzen wurden so verändert, dass sie unempfindlich gegen das Phosphonat sind, wodurch eine Behandlung während der gesamten Wachstumszykluszeit ermöglicht wird. Vor allem kurz vor der Ernte wird noch mal behandelt, die sogenannte Nachreife spart Zeit wegen des verkürzten Trocknungsvorganges.

 

Wer kann Glyphosat anwenden?

Die Chemikalie ist in sehr vielen Unkrautvernichtern der Firma Bayer -Monsanto wurde von Bayer aufgekauft- enthalten, diese können, entsprechend niedrig dosiert, von jedermann ohne Sachkundenachweis gekauft werden. Für landwirtschaftliche Betriebe und große Gartenbaubetriebe gibt es auch höher dosierte Präparate und größere Gebinde. Für den Erwerb wird ein Sachkundenachweis benötigt. Winzer und zum Beispiel Golfplatzbetreiber verwenden die Chemikalie auch sehr gerne.

 

Wie wirkt Glyphosat?

Die Wirkung wird über die Blätter der Pflanzen erreicht, da in den lebenswichtigen Stoffwechselprozess eingegriffen wird, in der Folge stirbt das Gewächs ab. Genauer formuliert wird das Enzym 5-Enolpyruvylshikimat-3-phosphat-Synthase (EPSPS) blockiert, dadurch können die aromatischen Aminosäuren Phnylalanin, Trypthophan und Tyrosin nicht mehr synthetisiert werden. Verursacht wird die Blockade durch die chemische Ähnlichkeit von Glyphosat mit Phosphoenolpyruvat, dem normalen Substrat der EPSPS. Glyphosat ist weltweit der einzige Herbizidwirkstoff, der zuverlässig EPSPS hemmt.  Behandelte Flächen sind meist deutlich an der Braunfärbung erkennbar. Abgebaut wird der Wirkstoff durch Mikroorganismen im Boden.

 

Wie ist die Toxizität des Herbizids?

Bei dieser Frage gehen die Meinungen sehr weit auseinander. Die Industrie ist der Meinung, es bestünde keinerlei Risiko und die Substanz wäre vollkommen harmlos, das bestätige auch die europäischen Chemikalienagentur Echa und firmeneigene Studien. An dieser Auffassung bestehen berechtigte Zweifel. Das Phosphonat wurde in den USA im Bundesstaat Kalifornien als „wahrscheinlich“ krebserregend eingestuft.

Der Staat bezieht sich dabei auf eine Studie der internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC), eine Unterabteilung der WHO. Die Unterschiede kommen teilweise von den unterschiedlichen Bewertungsrichtlinien. Anderweitige Studien zeichnen ein erschreckendes Bild des Unkrautvernichters.  Zum Beispiel hat Gilles-Eric Seralini, ein Molekularbiologe an der Universität Caen eine kanzerogene, also Krebs erzeugende Wirkung festgestellt. Getestet hat er dies an Ratten, dass Besondere an den Studien von Seralini ist, dass sie nicht nur den Einzelwirkstoff Glyphosat isoliert betrachten, sondern die Kombinationen, wie sie in der Praxis eingesetzt werden.  Er bemerkt ebenso, dass die Industrie immer noch verschweigt, was in den einzelnen Mischungen genau enthalten ist und vermutet, dass hormonelle Auswirkungen, wie Brustkrebs, verursacht werden können. Ebenso erwähnte er den Verdacht der erhöhten Kindersterblichkeit.

Leider kann der kritische Wissenschaftler nicht mehr weiter forschen, da sein Team von der Universität entlassen wird. Dr. Martin Tang Sorensen ist Physiologe an der Universität Aarhus, er merkt an, es gebe ein Patent über eine antibiotische Wirkung, also eine Bakterien vernichtende Wirkung, von Glyphosat. Leider würden, nach seiner Aussage, mehr nützliche als schädliche Bakterien im Darm von Säugetieren abgetötet. Etliche Schweinezüchter haben an ihren Tieren bereits massive Durchfälle nach der Fütterung mit behandelten Futtermitteln festgestellt. Hier fällt es nicht schwer, auch bei Menschen einen Zusammenhang mit zum Beispiel Verdauungsbeschwerden und Allergien herzustellen. Ein dänischer Landwirt namens Ib Borup Pedersen hat einige tot geborene Ferkel seines Mastbetriebes genauer unter die Lupe genommen, dabei fielen ihm offene Rücken, ein elefantenförmiger Kopf und Zwittergeburten auf. Der Schweinemäster hat berechnet, dass die Restmenge von Glyphosat im Futter die Häufigkeit der auftretenden Missbildungen beeinflusst.

Der argentinische Kinderarzt und Leiter einer Intensivstation für Neugeborene in Cordoba, Dr. Meardo Avila Vazquez, hat die Beobachtung gemacht, das zu speziellen Jahreszeiten, nämlich circa sieben bis neun Monate nach intensiver Besprühung der Anbauflächen, sämtliche Plätze der Neugeborenen Station mit fehlgebildeten Säuglingen, die oftmals sogar verstarben oder operiert werden mussten, belegt war. Trotz Operationen hätten die Winzlinge bleibende Schäden erlitten. Die schwersten Missbildungen sind Herz- oder Gehirnschäden und offene Rücken (wie bei den Ferkeln). Erwachsene, die Glyphosat häufig ausgesetzt sind, erleiden dreimal öfter schweren Krebsarten und das Risiko an Demenz zu erkranken steigt. Es wurde eine Vielzahl an Untersuchungen an unterschiedlichen Orten durchgeführt und das über einem Zeitraum von sieben oder sogar acht Jahren. Das Gesundheitsamt stellte dabei fest, dass die Krebsrate in den Soja-Anbaugebieten, in denen das Glyphosat zum Einsatz kam, deutlich erhöht ist. Die soziale Schicht oder gar genetische Anlagen der Menschen spielt keinerlei Rolle bei den Erkrankungen, nur die Nähe des Einsatzgebietes des Herbizids. Die angebauten Pflanzen sind resistent gegen Glyphosat und die Felder werden teilweise aus Flugzeugen oder großen Sprühanlagen mit Traktoren besprüht.

Prekär ist auch, dass die Firma Monsanto empfiehlt, immer höhere Dosen oder sogar weitere Zusatzstoffe zusammen mit Glyphosat zu verwenden. In Deutschland hat zum Beispiel Heinz Heeckt aus Schleswig-Holstein den Weg in die Öffentlichkeit gewählt, um auf Gefahren hinzuweisen. Er und seine Tochter haben massive Schwierigkeiten, wenn sie sich länger im Stall aufhalten, meist ist es schwere Übelkeit und das Gefühl, über dem Boden zu schweben. Der Tierarzt Achim Gerlach vermutet Einflüsse auf das Nervensystem, dieses Phänomen tritt auch bei den Kühen verstärkt auf und führt zum Verenden der Tiere. Dank des Internets können solche weltweit auftretenden Fälle öffentlich gemacht werden und dem geneigten Leser zu Nachforschungen anregen.

In Lebensmitteln ist das Pflanzengift ebenfalls nachweisbar, aktuell hat eine Studie des Umweltinstituts München für Schlagzeilen gesorgt. Untersucht wurden 14 renommierte Biermarken. In allen Sorten lag der Grenzwert deutlich über dem zugelassenen Wert von Trinkwasser. Hineingelangt ist das Mittel wahrscheinlich durch die intensive Besprühung der Rohstoffe (kurz vor der Ernte wird nochmals behandelt, verkürzt die Trocknungszeit). Marike Kolossa, die Leiterin des Fachgebiets gesundheitsbezogene Umweltbeobachtung im Umweltbundesamt berichtete auch, dass bei Studenten in den letzten 15 Jahren die Belastung mit Glyphosat im Urin angestiegen ist. Mittlerweile ist Glyphosat in fast jedem Getreideprodukt aus konventionellem Anbau enthalten, auch in beispielsweise Linsen. 2015 veröffentlichte die International Agency for Reasearch on Cancer einen Bericht, in dem sie einen Zusammenhang von Glyphosat mit gewissen Krebsarten, Fruchtschäden im Mutterleib, Fruchtbarkeit und eine neurotoxische Wirkung nachwies. In Deutschland werden laut einer Studie der Universität Göttingen jährlich circa 5000 Tonnen des Giftes eingesetzt.

 

Auswirkungen auf die Tierwelt

Durch den Herbizid Einsatz werden sämtliche nicht resistenten Pflanzen konsequent vernichtet. Insekten können keine Nahrung finden und verhungern. Dabei würde gerade die Landwirtschaft von Nutzinsekten profitieren. Sie sind in der Lage, Schädlinge ungiftig zu dezimieren und so den Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln zu reduzieren oder gar zu vermeiden. Sind keine Insekten mehr da, bleiben auch die Vögel aus. Glyphosat steht ebenfalls in Verdacht, an dem Bienensterben, welches stetig zunimmt, beteiligt zu sein.

Wie prophezeite schon Albert Einstein: „Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben.“ 

 

Fazit

Die Natur ist ein empfindlicher Kreislauf, Ursache und Wirkung folgen sehr schnell und Eingriffe können das empfindliche Gleichgewicht massiv beeinträchtigen. Darf die Zukunft unserer Kinder leichtfertig wegen Profitgier aufs Spiel gesetzt werden?  Und sagte nicht schon Wilhelm Busch:

“Wir haben die Erde nicht von unseren Eltern geerbt, sondern von unseren Kindern geliehen!“

Und wie wollen wir uns später gegenüber unseren Kindern und  Enkeln rechtfertigen, wenn wir die Umwelt und sie unwiderruflich vergiftet haben?